Sinfonieorchester Bretten am MGB
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Lesen Sie hier den Konzertbericht von Hans Heinrich:
Sinfonische Liebesschicksale
Das Sinfonieorchester Bretten am Melanchthon-Gymnasium interpretierte am Wochenende in der Oberderdinger Laurentiuskirche und in der Brettener Stiftskirche Orchesterwerke um die Themen Liebe und Leidenschaft. Die Konzertouvertüre „Romeo und Julia“, die Peter Tschaikowsky als 30-jähriger schrieb, bot dazu einen großartigen Einstieg. Ein düster-geheimnisvoller Beginn nimmt das tragische Ende des Liebespaares der Shakespeare-Vorlage bereits vorweg. Das Orchester fährt ein fulminantes Instrumentarium auf, um Tschaikowskys Komposition getreu umzusetzen: Harfe und Kontrafagott, Englisch Horn und Tuba malen die Geschehnisse der dramatischen Romanze aus. Pianissimo-Passagen wechseln sich mit vollem Blech samt glänzenden Beckenschlägen ab. Nach liebevollem, zartem Zwischenteil in Dur mündet die Komposition in einen dramatischen Höhepunkt, um bittersüß zu enden, nicht ohne mit einem dramatischen Paukenwirbel auf das Ende der tragischen Handlung hinzuweisen.
Benjamin Britten komponierte 1934 die „Simple Symphony“ alles andere als simpel. Die Streichergruppen unter der sicheren Anleitung von Konzertmeister Robert Gervasi wetteifern miteinander, wer in dem polyphonen Satz „Boisterous Bourée“ die schönsten Melodiebögen spielt. Der zweite Satz „Playful Piccicato“ lässt als Besonderheit alle Streichinstrumente ausschließlich gezupft erklingen. Die folkloristische Heiterkeit dieses „Mandolinenorchesters“ steckt an, die Finger tanzen förmlich auf den Griffbrettern der Instrumente. In „Sentimental Saraband“ werden melancholische-sehnsuchtsvolle Melodien der ersten Violinen auf samtene Akkordfolgen der übrigen Streicher gebettet. „Frolicsome Finale“ lässt den Streicherklang nochmals in all seinen Facetten erklingen: Gestrichene Passagen wechseln mit Piccicati ab, Melodiebögen spannen sich über Begleitflächen, fugierte Einsätze fordern die Virtuosität aller Spieler gleichermaßen.
Daniel Busche vom Schönborn-Gymnasium in Bruchsal debütierte – sicher als Höhepunkt seiner schulischen Laufbahn im Sinfonieorchester des MGB – als Solist in der Romanze F-Dur op. 50 für Violine und Orchester von Ludwig van Beethoven. Sein feiner, schmelzender Ton traf die Intention der Romanze ganz ausgezeichnet, „sein“ Orchester begleitete einfühlsam und setzte in den Tuttiphasen mit Hörnern und Holzbläsern leidenschaftliche und farbige Akzente.
Die „Schicksalssinfonie“ Ludwig van Beethovens, Nr. 5 in c-moll wurde zum Höhepunkt des Konzertes. Es erstaunte, mit welcher Selbstverständlichkeit die Musiker auch die schwierigen Passagen dieser anspruchsvollen Komposition meisterten. Es wurde deutlich, dass hier über einen langen Zeitraum intensiv geprobt wurde, sodass sich die Musizierenden quasi blind auf ihre Dirigentin Kirstin Kares verlassen konnten und die Einsätze präzise erfolgten – gerade im ersten Satz mit seinem berühmten Eingangsmotiv ist dies keine Selbstverständlichkeit. Im „Andante con Moto“ wechselten sich Streicher, Holz- und Blechbläsergruppen apart ab und sorgten im Zusammenklang immer wieder für überraschende Klangerlebnisse. Spielwitz und -freude zeichneten auch die beiden abschließenden Allegro-Sätze ab, die mit immer wieder wechselnden Rhythmen und virtuosen Einsatzketten durch alle Instrumente höchste Konzentration abverlangten. Tanzende Bögen und fliegende Finger auf Saiten, Klappen und Ventilen flogen dem strahlenden Finale in reinem C-Dur entgegen, welches vom gut besetzten Publikum mit lang anhaltendem Applaus belohnt wurde.
Das Sinfonieorchester Bretten zeigte einmal mehr, dass auch Schüler, unterstützt durch erfahrene Ehemalige, Eltern und Freunde, die „große“ Orchesterliteratur so darbieten können, dass Spielende und Hörende gleichermaßen Freude an den Werken haben – ja, dass man manche Passagen besser nachvollziehen und anerkennen kann, als dies zuweilen in distanziert und manchmal allzu routiniert klingenden Profi-Aufführungen der Fall ist.
Text: Hans Heinrich