Theater-AG2 des Melanchthon-Gymnasiums präsentierte Shakespeares „Der Sturm“
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Dass der Zauber der Prospera (Saskia Watzl) auf der Bühne der Aula des MGB tatsächlich einen Sturm mit Blitz und Donner über Bretten entfachen würde, war nicht vorauszusehen, aber wohl Zeichen für die Intensität des Spiels.
Dabei ging es nicht nur stürmisch her, denn die Inszenierung hatte durchaus ihre träumerischen und nachdenklichen Momente. So zeigte das Inselmonster Caliban (Miriam Weber) eindrücklich die Folgen von Unterdrückung und die Sehnsucht nach Harmonie und Frieden, die dem vermeintlich unzivilisierten Geschöpf inne wohnt.
Auch der Liebesblick zwischen Miranda (Selina Trittler), der Tochter Prosperas, und Ferdinand (Alexander Dolt), dem gestrandeten Prinzen, machte längere stille Phasen notwendig, die vom Publikum jedoch mit Spannung verfolgt wurden.
Dagegen setzte das Dreigespann von Caliban, Trinculo (Alisa Kinberger) und Stephano (Robin Bidlingmeier), die sich dem Suff hingeben und das zentrale Thema der Unterdrückung auf ihre Weise ausspielen, immer wieder lebhafte und auch humorvolle Akzente. Auch die von Robert Gervasi komponierten Sätze für die um 1600 entstandenen Lieder trugen zur besonderen Atmosphäre bei.
Das minimalistische Bühnenbild mit der Betonung auf das Material Seil unterstützte die Aussage des Stückes, dass die Menschen in ihren Rollen, in ihrer Wut und auch in ihrem Wahn verstrickt sind. Sie können sich nur schwer lösen und es bedarf manchmal einer Grenzsituation, um sich selbst zu finden. Wie Gonzala (Katrin Nemati), die Kanzlerin so schön sagt: „Auf einer einsamen Insel fanden wir uns selbst, als keiner bei sich war.“
Der Text in der durchaus spröden Übersetzung von Bernhard Klaus Tragelehn erleichterte den jungen Schauspielern, die Ernsthaftigkeit des Themas darzustellen. Denn im Zentrum des Stückes stand die Entwicklung der Prospera. Durch den positiven Einfluss der Luftgeister (Burcu Kaya, Désirée Renz, Saskia Nijmann), die obwohl nur aus Luft, Mitgefühl für die Qualen der Menschheit empfinden, wird Prospera berührt und gibt ihre Rachepläne an ihren intriganten Feindinnen (Mareike Roser, Clara Trumpf) auf. Sie fasst Vertrauen und lässt sich in der Inszenierung buchstäblich ins Leere fallen. Wenn in diesem Moment das Bühnenlicht ausgeht, bleibt offen, ob das Wagnis der Vergebung tatsächlich belohnt wird.
Man mag an der Güte der Menschheit zweifeln, und doch gewinnt man angesichts dieser im Spiel befindlichen Schülerinnen und Schüler die Hoffnung auf eine menschlichere Gesellschaft. Der Mensch ist doch nicht, wie Prospera kurz zuvor noch behauptet „ein geborner Teufel“, sondern ein bewunderungswürdiges Geschöpf, das Anlass zu Freude gibt.
Und so verabschiedete sich das Ensemble mit den Worten Mirandas „O Wunder! Wie viele herrliche Geschöpfe hier!“ von seinem Publikum und machte so noch einmal die zentrale Aussage der Inszenierung deutlich.
Marc Soedradjat