MGB-Musical-Kids präsentierten „Felicitas Kunterbunt“
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Warum sollte man nach Hamburg, London oder New York reisen, wenn man die MGB-Musical-Kids vor Ort hat? Denn Spielfreude, Professionalität und zauberhafte Darsteller sind die Pfründe, mit denen Marianne Abele, Leiterin der Musical-Kids, wuchern kann. Wer fast 70 Fünft- und SechstklässlerInnen zu einer solch grandiosen Inszenierung führt, ist zudem sicherlich eine Meisterin ihres Fachs.
Das Musical „Felicitas Kunterbunt“ bietet eine Fülle von dynamischen, fragwürdigen, mysteriösen und sympathischen Charakteren, die allesamt wunderbar besetzt sind. Die Neue, in diesem Fall die kunterbunte Felicitas (Kim Boden), weiß zu Beginn nicht, warum sie trotz ihrer Freundlichkeit von den anderen geschnitten wird. Besonders der Hamster Helmar (Mona Kempf) zeigt immer wieder, wie es gelingt, eine Gruppe gegen eine Einzelne aufzuwiegeln. Der von sich und seinen Fähigkeiten eingenommene Detektiv Franz Findig (Vanesa Mandekic) und vor allem der einfältige und doch honigsüße Bär Bertram (Roxana Werth) folgen ihm da zu Beginn nur allzu gerne. Der kleine Hase (Julia Sauer) zeigt dagegen, wie es anders gehen könnte und ist Felicitas gegenüber zugewandt und unvoreingenommen. Die Rollen sind nicht nur toll besetzt, sondern scheinen den jeweiligen Spielern auf den Leib geschrieben zu sein. So gehen auch der Fuchs Schlaumi (Paula Geisser) und der Rabe Robbi (Lara Kerschner) in ihren Charakteren auf und scheuen sich nicht, auch negative Seiten der Figur auszuloten.
Der Zauberer Rabador (Alexander Link) bringt das Geschehen in Gang, indem er die Figuren aufgrund ihres gemeinen Verhaltens gegenüber Felicitas Kunterbunt aus ihrem Paradies, der Spieltruhe, vertreibt und auf ihre Reise schickt. Rabador verbannt sie aus der Heimat, zeigt ihnen, wie es ist, kein Zuhause zu haben. Unter Führung der Piratenchefin (Celine Lochschmied) machen sie die Gruppe also auf die Suche nach dem Schlüssel zur Rückkehr ins Paradies. Auf der Reise durch die Kontinente lernen sie ihre Lektion, bis als retardierendes Moment der Hass (Sebastian Borrmann) auftritt. Die Bühnenpräsenz dieser Figur ist phänomenal und so gelingt es ihm zunächst, Zwietracht und Misstrauen zu säen. Aber er muss sich dann doch geschlagen geben, denn das Verständnis für die Situation der Heimatlosen und dadurch eben auch das Mitgefühl sind stärker. Die Vorstellungskraft Erwachsener scheint dafür ja oft nicht auszureichen. Den Kindern gelingt dies jedoch auf wunderbare Weise.
Es soll ja Inszenierungen geben, in denen der Aufwand für Bühne, Licht und Kostüme über die Substanzlosigkeit des Stückes und der Darsteller hinwegtäuschen soll. Nicht so bei den MGB-Musical-Kids. Dabei sind sowohl die Kostüme als auch die Requisiten fantastisch, im Fall des chinesischen Drachens gar überwältigend. Da passt einfach alles zusammen und zeigt die Akribie, mit der hier gearbeitet wird. Auf der Bühne geht es immer wieder hoch her, besonders als die Piraten die Bühne entern und mit einer dynamischen Kampfchoreographie (Birgit Lang-Wiedl) für Aufsehen sorgen. Die Kinder singen mit einer so mitreißenden Frische, dass man mit der einen oder anderen Melodie im Kopf nach Hause geht. Die Soli sind durchweg großartig, ob mit Funkmikro oder Headset, da wackelt nichts. Die Stimmbildung der Schauspieler steht naturgemäß im Fokus der Musiklehrerin und die Eleven setzen das Gelernte mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit um.
Thematisch mag die Botschaft des Musicals, nämlich Respekt und Achtung vor dem Anderen, nicht neu sein, aber sie wird musikalisch und darstellerisch so unterhaltsam verpackt, dass sie alle Anwesenden erreicht. In einer Zeit brennender Flüchtlingsunterkünfte ist dies sicherlich eine menschliche Botschaft von elementarer Bedeutung.
Marc Soedradjat