Konzerte des Sinfonieorchesters 2016
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Der Bericht von Bernd Neuschl erscheint hier mit freundlicher Genehmigung des Verfassers und der BNN:
Als Frühlingserwachen pur entpuppten sich die Auftritte des Sinfonieorchesters Bretten, das am vergangenen Wochenende in der Oberderdinger Laurentiuskirche und der Brettener Stiftskirche konzertierte. Es ist schon erstaunlich, mit wie viel Hingabe die jungen Musiker und Freunde des Melanchthongymnasiums zu Werke schreiten. Schließlich ist vor allem Schumanns „Frühlingssinfonie“ unter technischen und gestalterischen Aspekten kein Sonntagsspaziergang. Hier wurde nicht mechanisch musiziert, Carolin Wandel ließ dem großen Orchester vielmehr ertragreich sprudelnde Klänge entquellen. Nun wollte Schumann seine erste Sinfonie niemals als Programmmusik verstanden wissen. Dennoch drängten sich jene aufblühenden Frühlingsbilder seiner ersten Skizzen geradezu auf. So kündeten herrlich erhabene Blechbläser im ersten Satz von der erwachenden Lebensfreude, die dieser Jahreszeit innewohnt. Der Rest des Orchesters antwortete diesem Ruf zunächst mit Bedacht im Andante, um dann in jubelnde Takte voll Euphorie zu gleiten. Das lyrisch ergreifend ausgestaltete Larghetto war dagegen von schwärmerischen Phrasierungen geprägt, die aber auch Raum für sehnsuchtsvolle Abschnitte ließen. Der im Tempo gut gewählte Grundpuls fungierte unter Carolin Wandels hier und da dezent verzögernden Taktstock nicht als statisches Metrum, sondern als entschleunigendes Grundgetriebe des reibungslos agierenden Klangapparates. Das bezwingende Scherzo gab den Streichern reichlich Gelegenheit, ihr Können in Sachen Moll und Synkopenschärfe zu zeigen: Zupackend und konstant energiegeladen, wurde hier vorwärtsdrängend agiert, ehe die aufknospenden Soli der Holzbläser zum Rasten einluden. Und die Hornisten stießen zielsicher in ihre Hörner, als wollten Sie zur Jagd rufen. Das abschließende Allegro meisterte das Orchester sattelfest im Tempo und farbenfroh im ertragreichen Ausdruck: Mal wuchtig, mal kokett tirilierend. Großer Applaus für eine großartige Leistung. Der Konzertauftakt konnte ebenfalls romantischer nicht sein, auch wenn Johannes Brahms in seiner „Akademischen Festouvertüre“ vier süffige Studentenlieder mit fein kultivierendem Zwirn eingenäht hat. Das Orchester reagierte auf das filigran-federnde Dirigat von Wandel überzeugend fröhlich, aber dennoch würdevoll. Mit ausgesuchter Akkuratesse wurde da musiziert. Konzertmeister Robert Gervasi am ersten Geigenpult lieferte hier eine klingende Visitenkarte seiner wichtigen Arbeit ab: Die Auf- und Abstriche waren homogen, selbst ein Wechsel des Bogenstrichs verlief über alle Pulte hinweg ohne Einschnitte oder ungewollte Betonungen. Mit zunehmender Oktavlage und Schützenhilfe der Bläserfraktion steigerte sich auch die Intonation. Die „Streicherserenade e-Moll“ aus der Feder von Edward Elgar zeigte vor der Pause, dass die Arbeit der Musikpädagogen am MGB auf fruchtbaren Boden fällt: Die jungen Nachwuchskünstler spielten hier mit verblüffend künstlerischem Interesse und einem dynamischen Variantenreichtum, der sich im zweiten Satz noch weiter steigerte. Aufmerksam und mit Bedacht wurde hier mit hingebungsvollem Herzen Musik gemacht. Diese schönen Klangmomente waren durchflochten von einem bewusst zaghaften Vibrato, welches das zarte Legato dezent veredelte. Der sanfte Abschlag von Carolin Wandel führte am Ende zu keinem Verwelken, sondern zu einem in fragiler Reinheit verblühenden Schlussakkord. Nach einem Moment des Innehaltens brandete der Applaus umso begeisterter auf. Wer das Orchester noch einmal hören möchte: Am 10. und 11. Juni tritt es gemeinsam mit dem Chor des Melanchthongymnasiums in der Brettener Stiftskirche auf. John Rutters „Mass of the Children“ wird dann zu Gehör gebracht. Nach dem Frühlingserwachen steht also die unbeschwerte Sommerfreude vor der Tür.
Bernd Neuschl