Die Theater AG2 präsentierte Peter Pan
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Wieviel Kind steckt noch in Jugendlichen der gymnasialen Oberstufe? Betrachtete man am Wochenende das Ensemble der Theater AG2 ganz genau, sah man noch eine ganze Menge Leichtigkeit, Unbeschwertheit, Fantasie und ungetrübte Spielfreude. Mit einfachen, aber wirkungsvollen Mitteln wurden die Zuschauer mit in die Welt des Peter Pan entführt. Nach Nimmerland, wo der Furcht einflößende, Augen rollende, Zähne fletschende und doch bemitleidenswerte Captain Hook (Jeremy Koch Corzo) sich plagte mit dem unverschämten, nicht erwachsen werden wollenden Peter Pan (Felix Rebmann). Da kämpften die Jugend und die Freude gegen das Erwachsensein und behielten die Oberhand. Doch bevor der Kampf entschieden war, mussten so einige Schlachten ausgefochten werden. Um hier für Authentizität zu sorgen, hatte das Ensemble eigens einen Bühnenkampf-Workshop mit Verena Lany vom Staatstheater Karlsruhe absolviert. Die Inszenierung verzichtete auf Spezialeffekte und verließ sich auf die kindliche Fantasie des Publikums. Dieses Experiment funktionierte auch, weil das Ensemble sich löste von den gängigen Disneybildern. Dennoch verzichtete man nicht auf die Wirkung, die Licht, Ton, Musik und natürlich reichlich Feenstaub erzielen können. Die Figuren waren bis in die Nebenrollen ausdifferenziert. Alle 21 Spielerinnen und Spieler gingen sozusagen in ihrer Rolle auf und zeigten ihr schauspielerisches Talent.
Die Piraten zitterten vor ihrem Captain, begehrten aber immer wieder auch auf, um seine Autorität in Frage zu stellen. Die Feen umgarnten Peter Pan und so zeigte dieser sich herrlich inkonsequent in der Art seiner Bestrafung für deren Intrige gegen Wendy. Milde und Gnade gehen für den kindlichen Peter eben vor Konsequenz. Die Verlorenen Jungs waren herrlich albern und ernsthaft zugleich. Jeder zeigte seinen ganz individuellen Charakter mit Hilfe von im besten Sinne merkwürdiger Mimik und Gestik. Interessant erschien auch der Umgang mit Tiger Lily und dem Krokodil. Wo Erstere unter anderem als Erzählerin den Handlungsfortgang straffte, bewies Zweiteres allegorische Qualitäten. Das Krokodil fungierte als Sinnbild für die Zeit, die allen Menschen durch die Hände rinnt und die durch das Alter an uns Menschen nagt. Dadurch verlieh das Krokodil dem Stück eine gewisse Tiefe und stimmte das erwachsene Publikum durchaus nachdenklich. Es spricht auch für die intensive Auseinandersetzung mit dem Stoff, dass die Familie Darling, samt dem Kindermädchen Nana, mit all ihren zwischenmenschlichen Nuancen erfasst wurde. Die Liebe einer Mutter, die Zuneigung Nanas und die problematische Rolle des Vaters wurden ebenso ausgeleuchtet wie die Beziehungen der Kinder untereinander. So wurde das Drama als ein Spiel mit dem Gedanken deutlich, wie es wäre, wenn wir das Kind in uns nicht nur bewahren könnten, sondern es viel öfter auch ausleben dürften. Dass das Ensemble durch zahlreiche eigene Inszenierungsideen und krankheitsbedingte Umbesetzungen so große Eigenverantwortung im Probenprozess und auch in der letzten Phase der Vorbereitung gezeigt hat, beweist, dass Kindsein und Verantwortung sich nicht ausschließen müssen. Und es beweist, dass sie sich zu einer wunderbaren Mischung entwickeln, wenn man diesen jungen Menschen Raum gibt, sich wahrhaftig zu entfalten.
Marc Soedradjat