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Die Loeffelstielzchen entführten in die Zeit der Kreuzzüge.

Spätestens als die Marientrompete erklang, war den zahlreichen Besuchern im Melanchthonhaus klar, dass die Kreuzzüge ein ernstes Thema sind. Furcht erregend klang das wie eine Trompete klingende Streichinstrument durch den Saal, wurde aber dann im Ensemblespiel wie von Zauberhand gezähmt und gebändigt. Diese Entwicklung prägte den musikalischen Abend. Die jungen Musikerinnen und Musiker zeigten unter Leitung Bernhard Wendels zahlreiche Facetten der die Kreuzzüge begleitenden musikalischen Werke. Dummheit, Fanatismus und Habgier, das waren laut Bernhard Wendel die treibenden Faktoren für die zahlreichen Versuche, Jerusalem zu „befreien“. Immer wieder wurde deutlich, mit welchem religiösen Eifer und gleichzeitiger Naivität und Zerstörungswut sich die Kreuzzügler auf den Weg in den Orient machten. Positive Entwicklungen und historische Figuren wurden aber auch bedacht. So wurden in Zusammenhang mit der Person Friedrich des II., der in einer arabisch geprägten Umgebung multikulturell aufwuchs, orientalische Klänge präsentiert und die Hoffnung auf ein von Toleranz geprägtes Zusammenleben von Christentum und Islam kam zum Ausdruck.

Besonders eindrücklich waren der Gesang der Solisten und die Lockrufe der orientalischen Frauen. In ihnen zeigte sich die Lebensfreude, die im Kontrast zu den oft tristen Lebensbedingungen im damaligen Westeuropa stand. Unter dem Eindruck der Wärme und Schönheit transportierenden Lieder wurde die Sehnsucht vieler Kreuzzügler, sich im Orient niederzulassen und ihren Wahn abzulegen, verständlich. 

Schön zu sehen war, wie viele Ehemalige sich in der Gedächtnishalle des Melanchthonhauses eingefunden hatten. Sie zeigten dadurch nicht nur ihre enge Verbundenheit mit der AG, sondern auch ihr Interesse an den historischen Fakten, die Bernhard Wendel in gewohnt fesselnder Art präsentierte. Seine Erläuterungen, humorvoll und ernst zugleich, wurden kritisch und trotzdem mit einem Augenzwinkern vorgetragen. Unterhaltsam im besten Sinne. So wurde der Abend keinem zu lang und man hätte sich auch noch weitere Lieder und Berichte von Kreuzzügen anhören mögen, wurde sich aber dann doch bewusst, dass es vielleicht besser war, dass es damals irgendwann doch ein Ende hatte mit dem religiösen Fanatismus, der Intoleranz und dem brutalen Treiben. Dass das Thema heute wieder so aktuell ist, ist bedauerlich und Besorgnis erregend. So fiel der Wunsch der Loeffelstielzchen sicherlich bei vielen auf fruchtbaren Boden, als Bernhard Wendel statt eines Kreuzzugs die Kontemplation als anschließende Abendbeschäftigung empfahl. Die Besucher gingen nachdenklich und dennoch beseelt durch einen wunderbaren musikalischen Abend nach Hause.  

Marc Soedradjat