Romeo und Julia
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„Und wir, wobei wir sehr auf Nachsicht zählen, woll’n das verbessern, was dem Text mag fehlen.“
Diese im Prolog angestrebte Verbesserung gelang der Theater-AG des Melanchthon- Gymnasiums laut Aussage des nachsichtigen Publikums durchaus. Am 25. und 26. Juli 2022 präsentierte das junge Ensemble William Shakespeares Romeo und Julia im Gugg-e-mol- Theater in Bretten. Sich an dem wohl bekanntesten Drama der Weltliteratur zu versuchen, war für die Arbeitsgemeinschaft durchaus ein Wagnis. Die erste eigene Produktion für die Spielenden, der Wechsel von der Schule an einen neuen Spielort, die hohen Erwartungen des Publikums, der schwierige Text und natürlich die vielschichtigen Figuren, all dies stellte die AG vor große Herausforderungen. Dank harter Arbeit und der Begeisterung für das Theater führte dieses Unterfangen nun zu wirklichen Glücksmomenten.
Es gelang dem dynamischen und spielfreudigen Ensemble, die unterschiedlichsten Charaktere und deren Emotionen zu gestalten. Die Wut des alten Capulet, die Selbstbezogenheit seiner Frau, die Zärtlichkeit der Amme, der Machismo Mercutios und Tybalts, Benvolios Gutmütigkeit, Lorenzos Schuldbewusstsein, Romeos Flatterhaftigkeit und Julias Verzweiflung. Die Wechsel zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, zwischen Schlegels Übersetzung und Elementen des Epischen Theaters im Stile Brechts, zwischen gewaltigen sowie zärtlichen Szenen boten immer wieder überraschende Momente. Originell wurde die Inszenierung darüber hinaus durch die kreativen Einfälle, die den Köpfen des jungen Ensembles im Probenprozess entsprungen waren und denen Raum zur Entfaltung gegeben wurde. Der Einsatz einiger Sitzhockergestänge ist solch ein Beispiel. Sie dienten als Pflanzenkübel im Klostergarten von Bruder Lorenzo, als Spielzeug in einer wunderbar unschuldigen und doch liebevollen Hochzeitsnacht der Protagonisten und als Leitmotiv für die Grenzen, die Menschen auferlegt werden oder die sie sich selbst setzen.
Erstaunlich war das Konzept, an den beiden Aufführungsabenden die Rollen zu tauschen. Dadurch mussten die Schauspieler*innen nicht nur zwei Rollen lernen, sondern es entstanden jeweils ganz neue Konstellationen und Interaktionen innerhalb des Ensembles. So sicherte man sich soweit wie möglich gegen krankheitsbedingte Ausfälle ab, erlebte das Stück durch den Rollenwechsel aus unterschiedlichen Perspektiven und beschenkte sich auch am zweiten Abend durch eine wirkliche Premiere mit ihrem adrenalinbedingten Reiz.
Jugend und Unerfahrenheit, ja fast schon Unschuld, wirkten sich positiv aus. Unverbraucht wagten alle Beteiligte viel. Sie tanzten, wüteten und liebten voller Leidenschaft und wurden dafür reichhaltig belohnt. Nicht nur durch den Applaus des Publikums, sondern vor allem durch die Tatsache, dass sie durch ihre monatelange Beschäftigung mit dem Stück Shakespeares Genialität spüren durften, sich anspruchsvoller Literatur näherten und vor allem die Aussage des Dramas verstanden haben: Dass die Liebe sich wie das Wasser ihren Weg sucht und findet, dass man Jugend nicht gewaltsam zügeln kann und dass die Menschen sich ganz offensichtlich immer wieder dem Krieg gegeneinander zuwenden, auch im Angesicht des Leids. All dies hat Shakespeare um 1600 bereits auf hellsichtige Weise gezeigt. Warum die Menschen daraus immer noch nicht gelernt haben, ist zum Verzweifeln. Es gibt also weiterhin viele gute Gründe, sich diesem Drama zuzuwenden, es sich zu eigen zu machen und das Ergebnis einem Publikum zu zeigen.
Wie wichtig ein kulturelles Zentrum, ein stimmungsvoller Spielort ist, soll hier gesondert erwähnt werden. Das Team des Gugg-e-mol sorgte nicht nur für die Bewirtung, es stellte vor allem Bühne, Licht, Ton, Vorhang und all das bereit, was man sich zum Spielen nur wünschen kann. Philipp Wasser besuchte zahlreiche Proben, übernahm die Technik und gestaltete in enger Zusammenarbeit mit der Spielleitung die Inszenierung mit. Dafür sei herzlich gedankt. (Fun&Soe)