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Die Theater-AG2 des Melanchthon-Gymnasiums Bretten präsentiert William Shakespeares Sommernachtstraum

Zum Herbstanfang neigt der Mensch dazu, den Sommer zu verklären. In der Erinnerung schwelgt man gerne, und so erwarten an diesem Abend an die zweihundert Theaterliebhaber mit viel Vorfreude ein Stück, das sie in eine Traumwelt entführen soll. Sie werden nicht enttäuscht. Es darf geträumt, gelacht und mitgefühlt werden.

In der Freude über die komischen Verwechslungen und die daraus resultierenden Missverständnisse vergisst man oft, dass Shakespeares Komödie ein doch eher düsteres Bild von der Liebe zeichnet. Umso höher ist es der Inszenierung der Theater-AG2 anzurechnen, dass sie großen Wert darauf legt, eben das Liebesleid bewusst zu machen und nicht hinter dem Klamauk des Stückes verblassen zu lassen.

Die schöne Helena (Alexandra Selesnew) ist in ihrer Selbstwahrnehmung gestört, vollkommen aus dem Tritt gebracht ob der Tatsache, dass sie von Demetrius (Eugen Geisler), dem sie in ihrer Liebe bedingungslos ergeben ist, gehasst, verhöhnt und erniedrigt wird. Die objektive Schönheit der jungen Frau verwandelt sich in eine subjektive Hässlichkeit, einen Selbsthass, der sie sich vor Demetrius wie ein Hündchen erniedrigen lässt. Helena gibt alles und erhält weniger als nichts. Selesnew hat hier, in der Auseinandersetzung mit den Männern und folglich auch mit sich selbst, ihre stärksten Szenen.

Die Leiden der Männer sind vielfältig. Exemplarisch sei die Verwirrung des Lysander (Maroje Culinovic) genannt. Er denkt aufgrund eines Zaubers, er liebe nicht mehr die süße Hermia (Corinna Gropp), sondern Helena und versucht dies auch noch als Werk der Vernunft zu verkaufen. Culinovic gibt dem Sehnen so hemmungslos Ausdruck, dass man Mitleid haben möchte mit Lysander, ihn aber dann doch als typischen Mann erkennt, der sich seiner Gefühle sicher scheint, aber doch nur das Eine will. Wollte man sein Verhalten interpretieren, könnte man meinen, es sei Folge der von ihm so schwer nachvollziehbaren Tugendhaftigkeit Hermias. Sie weist seine lustvollen Blicke und Annäherungen zurück, hält ihn auf Abstand, um ihre Unschuld zu bewahren. Ein äußerst gelungener Einfall ist an dieser Stelle, Lysander, während Hermia schläft, einen Song der Beatles singen zu lassen, der lediglich aus einer Zeile besteht: „Why don’t we do it in the road?“ Lysander wünscht sich so sehr, diese Beziehung zumindest zeitweise auf die Körperlichkeit reduzieren zu können. Das Publikum honoriert dieses Verlangen mit stillem Verständnis und lacht Lysander doch aus ob seiner männlichen Unzulänglichkeit in Sachen reiner Liebe.

Es sind also nicht nur die ernsten Szenen, die intensiv herausgespielt werden, sondern auch die grotesken, überdrehten. Quelle einfachen und gerade deshalb großen Vergnügens sind die Auftritte der schauspielernden Handwerker, besonders des Zettel (Thomas Langauf), im englischen Original nicht umsonst Bottom genannt. Die Freude am Spiel, die Diskrepanz zwischen guter Absicht und lächerlicher Erscheinung der übermotivierten oder unterbelichteten Laienschauspieler lässt das Publikum johlen vor Freude. Zettel macht sich lächerlich, er ist ein Esel. Puck verpasst ihm lediglich den adäquaten Kopf.

Die Choreografien, in denen die Elfen mit den beiden Pucks (Gizzem Cinar und Jessica Ferklaß in einer gelungenen Doppelung der Rolle) interagieren, verdeutlichen nicht nur die Spannungen zwischen ihren jeweiligen Herrschern, sondern auch die Anziehungskraft, die Gegensätze oft aufeinander ausüben.

Das ganze Ensemble profitiert von der intensiven Sprecherziehung durch Michael Polty und nur ganz selten, in besonders bewegten Passagen, wünscht sich das Publikum eine etwas deutlichere Artikulation einzelner Akteure. Der Regie ist es gelungen, dem Stück mit einfachen Mitteln und originellen Ideen Tempo, Atmosphäre und Witz zu geben. Schon der Tanz der Glühwürmchen im dunklen Wald, durch den Einsatz von Taschenlampen suggeriert, versetzt den Zuschauer in eine traumhafte Stimmung. Und das junge Ensemble erhält mit vollem Einsatz diese Stimmung über zwei Stunden aufrecht. Am Ende löst sich die Verwirrung der Gefühle, die Paare finden zu einander und die Liebe scheint zu siegen. So geht in der vollbesetzten Aula des MGB ein spannender und gleichzeitig entspannter Theaterabend zu Ende.

M. Soedradjat