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Der Tod und das Mädchen

Als bereits zweites Theaterstück präsentierte die Theatergruppe des Melanchthon-Gymnasiums am 18. und 19. Juni  „Der Tod und das Mädchen“ von Ariel Dorfman.

„Wenn er unschuldig ist? Dann ist er wirklich am Arsch“. Das Licht geht aus. Applaus. Die Saalbeleuchtung geht an. Die Besucher des Theaterstückes „Der Tod und das Mädchen gehen in die Pause, noch tief in Gedanken über das, was sie gerade gesehen haben. Die Frage nach der (Un-)Schuld ist auch in den Gesprächen viel zu hören. Sie reden über Roberto Miranda, der im Stück der Vergewaltigung und der Folterung an Paulina Escobar beschuldigt wird.

Das Stück beginnt mit einer alltäglichen Diskussion eines Ehepaars über die Aufgaben im Haushalt, andere Frauen und die Politik. Für die älteren Leute eine sehr bekannte Situation, die deshalb auch zur Belustigung des Publikums führt. Gerardo Escobar ist ein erfolgreicher Anwalt in einem südamerikanischen Staat, der soeben in die Untersuchungskommission des Präsidenten  einberufen wurde. Die Kommission untersucht Morde der vorhergehenden Militärregierung an Widerständlern. Paulina Escobar war selbst Opfer der alten Militärregierung, wurde gefoltert, misshandelt und vergewaltigt. Sie haben ein Strandhaus, zu dem sie am Wochenende fahren und in dem das ganze Stück spielt.

Das Stück bekommt eine ganz andere Wendung, als Paulina im Besuch ihres Mannes ihren Peiniger erkennt. So kommt es dazu, dass Roberto Miranda am nächsten Morgen an einen Stuhl gefesselt, mit einem Tanga als Knebel im Mund und einer Platzwunde am Kopf aufwacht. Er wird ständig mit der Waffe von Paulina bedroht, die ihm ihre Geschichte erzählt. Als Gerardo wach wird, will er natürlich seine Frau zur Vernunft bringen, scheitert aber. Bis zur Pause sitzt Roberto Miranda gefesselt und geknebelt auf der Bühne, während Gerardo und Paulina darüber diskutieren, was mit ihm passieren soll.

In dem Stück „Der Tod und das Mädchen“ sehnt sich Paulina Escobar danach, Gerechtigkeit zu erreichen. Da sie diese vom Staat nicht zu bekommen glaubt, versucht sie durch Selbstjustiz ihren Willen zu erreichen. Interessant ist es, wie sie ihre Selbstjustiz ausführen will. Zuerst will sie, dass ihr Mann, Gerardo, Roberto Miranda vergewaltigt, dann will sie, dass Miranda mit einem Besenstiel vergewaltigt wird. Doch zum Schluss weiß sie, was sie wirklich will. Ein Geständnis. Das Geständnis von Roberto Miranda geht tief unter die Haut. Er beschreibt seine Neugier, als er die nackten Frauen vor sich liegen sah. Er beschreibt seine Experimente an ihnen. Da machte dann auch die Altersempfehlung auf den Plakaten Sinn, die zuerst für Verwunderung gesorgt hatte. Schließlich war es das erste Mal, dass ein Schultheaterstück eine Altersempfehlung von 16 Jahren hatte.  „Wir wollten halt mal an unsere Grenzen gehen und ein richtiges Erwachsenenstück probieren“, meint Lukas Block (Gerardo Escobar). Außerdem war es das letzte Theaterstück gemeinsam mit seinem Kollegen Christopher Ohnesorge (Roberto Miranda). „Ich denke, das war für uns ein sehr gelungener Abschluss“, sagt er und grinst dabei zufrieden. Zufrieden können alle drei Schauspieler sein. Es ist wirklich eine enorme Leistung ein Stück mit nur drei Rollen auf die Bühne zu bringen, und das bei einem solchen Thema. „Natürlich haben wir das alles nicht alleine hingekriegt. Wir hatten sehr viele Helfer“, verrät Hannah Scheu-Hachtel (Paulina Escobar). Das erkannte man auch bei der Danksagung, bei der die Bühne dann plötzlich voll mit jungen Leuten war. Für einen sehr gelungenen Abschluss des Stückes sorgte ein Streichquartett bestehend aus Robert Gervasi, Mareike Peissner, Karolin Fesenbeck und Ursula Heinze. Sie spielten das Quartett „Der Tod und das Mädchen“ von Schubert. „Das war echt kurzfristig“, gesteht Christopher Ohnesorge. Aber er ist sehr froh, dass die Vier in der kurzen Zeit noch so ein „echt bewegendes“ Quartett auf die Bühne gebracht haben.

Die Zuschauer verlassen die Aula des MGB. Die Frage nach der Schuld hat sich geklärt. Doch ob Roberto Miranda zum Schluss von Paulina erschossen wird, blieb unklar. „Das kann jeder im Publikum selber entscheiden“, sagt Hannah Scheu-Hachtel.

Alles in Allem ist es der Theatergruppe des MGB mal wieder gelungen das Publikum aus dem Alltag in eine völlig neue Situation zu bringen und die Köpfe vieler Besucher mit neuen Gedanken zu füllen.