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Die Theater AG des MGB präsentiert „Die Odyssee“ im handlichen TV Format

Besonders diejenigen Zuschauer, welche die Odyssee nur vom Hörensagen kennen und schon immer vor dem Original zurückschreckten, sind an diesem Theaterabend glücklich.

Die Autorinnen der Eigenproduktion und gleichzeitig Leiterinnen der Theater AG3, Annelie Hofsäß und Nadine Herrmann, zeigen die Odyssee als Ergebnis eines Autorenteams, das 13 Folgen einer Fernsehserie erdenken soll. Wir sehen auf der Bühne also ein Aqua-Roadmovie, das offenbar den Sehgewohnheiten heutiger SchülerInnen entgegenkommt. So bringt man Jugendlichen antike Mythen  nahe und so wird sicherlich der eine oder andere doch einmal eine Übersetzung des Originals zur Hand nehmen und erkennen, dass die Themen, die damals die Menschen bewegten, universell und zeitlos sind.

Schon bald wird klar, dass es bei der Produktion der Serie nicht vornehmlich um kreative Prozesse geht, sondern das Ergebnis von den wirtschaftlichen Interessen der Geldgeber und der Rücksicht auf mögliche Zielgruppen geprägt wird. Damit erhält das Stück eine gelungene Rahmenhandlung und gleichzeitig demonstrieren die Schüler ihre kritische Distanz zum Medium Fernsehen. Trotz dieser ernstzunehmenden Problematik hat die Inszenierung viel Humor, der manchmal leicht und locker, manchmal beißend bis zum Sarkasmus daherkommt. So wird deutlich, dass die Episoden von der Produktionsfirma doch eher als Werbeunterbrechung und Gelegenheit zum product placement gedacht sind und ein künstlerischer Anspruch völlig überzogen wäre. Glücklicherweise merkt man dies dem Ergebnis auf der Bühne in keinster Weise an.

Nach dem Motto „ungehaltenen Reden ungehaltener Frauen“ erhalten die Ehefrauen der Helden endlich eine Stimme und zeigen zahlreiche Möglichkeiten, mit der Abwesenheit des Gatten umzugehen. Die Reaktionen reichen von Frust über Gleichgültigkeit und  Verständnis, bis hin zur Erleichterung, ihn endlich los zu sein.

Fesselnd und mit viel Dynamik wird auch  der Gewissenskonflikt des Odysseus gestaltet, als er sich zwischen der bezaubernden Calypso und seiner Gattin Penelope entscheiden muss. Poseidon und Athene geraten in einen Wettkampf, der um das Ganze auf die Spitze zu treiben, von einer Moderatorin mit Trillerpfeife im passenden Jargon kommentiert wird, während Calypso und Odysseus in stillem Spiel der Annäherung und Distanzierung auf herrlich unschuldige Weise Ausdruck verleihen.

Und wer schon immer wissen wollte, warum Odysseus’ Gefährten dezimiert werden, erfährt dass die Nebenschauspieler aus der Serie herausgeschrieben werden, um zu verhindern, dass sie überzogene Gagenforderungen stellen. Dass das Schicksal der Gefährten Trauer und Verzweiflung auslöst, ist da nur ein willkommener Nebeneffekt zur Dramatisierung des Geschehens und für den Zuschauer in der Entstehung natürlich äußerst amüsant. Annelie Hofsäß und Nadine Herrmann haben es in eineinhalb Jahren geschafft, ein begeistert und begeisternd spielendes Ensemble zu formen, einzelnen Mitgliedern eine Rolle auf den Leib zu schreiben und eine Eigenproduktion auf die Beine zu stellen, die theatrale Mittel mit Bedacht und zielgerichtet einsetzt. Hier kommt ihnen sicherlich die eigene Erfahrung in der TheaterAG2 ihres geschätzten Theaterlehrers Michael Polty zugute, aber auch die Tatsache, dass sie am MGB das Fach Literatur und Theater belegen konnten. Man kann nur hoffen, dass dieses Modell der von SchülerInnen geleiteten Arbeitsgruppe am MGB Schule macht und angemessene Beachtung erfährt, denn nur so können die Nachwuchsschauspieler auch in Zukunft ihre Lust am Theaterspiel ausleben.

Marc Soedradjat