Die Theatergruppe präsentierte Lutz Hübners "Die letzte Show"
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„Die letzte Show“ – Natürlich hat die Inszenierung der Theater AG des MGB keinen programmatischen Titel. Das wäre auch zu schade, denn das Ensemble um Spielleiter Sven Reinwald meistert das schwierige Sujet mit Bravour, Verve und großem Einsatz. Das Stück von Lutz Hübner erzählt die Geschichte von Emilia, einer Vorzeigetochter schlechthin. Celine Lochschmidt zeigt die Facetten dieses jungen, ehrgeizigen Mädchens auf eindrückliche Weise. Die Zerrissenheit zwischen den Ansprüchen der überforderten Mutter (Nikola Stefen), die ihre Wünsche und Sehnsüchte auf die Tochter projiziert, und ihren eigenen Bedürfnissen wird gekonnt herausgearbeitet. Emilia leidet an Versagensängsten und Schulstress. Emilias Höllenfahrt durch ihre Ängste zeigt erbarmungslose Prüfer (u. A. Paula Diener, Cora Stefen), deren Ansprüchen niemand gerecht werden kann, übermotivierte Lehrerinnen (Amelie Krause), und verdrängte Selbstmordgedanken. Ihr Lebensgefühl, den Ansprüchen anderer nicht genügen zu können, manifestiert sich besonders deutlich in einer grotesken Schönheitsoperation, die sie entstellt zurücklässt. Die albtraumhaften Szenen, die durch gekonnten Lichteinsatz und stimmungsvolle Musik gestaltet werden, erweisen sich als besonders wirkungsvoll. Zudem belastet Emilia die verfahrene Beziehung zu Michi, einem unerträglichen Macho, eindrücklich verkörpert in einer Hosenrolle von Giuliana Ullo. Emilias Leben erfährt eine entscheidende Wendung, als
sie von ihrer tödlich verunglückten Tante Ada (Annika Dolt) zur Alleinerbin eingesetzt wird. Die geerbte Kreuzberger Wohnung wird ihr von der Nachbarin Flora (Melana Schöner, auch souverän in der Rolle der Kindergärtnerin) gezeigt. In dieser finden sich Zeugnisse eines bewegten Lebens, geprägt von Flower Power, Hippietum und Glamrock. Annika Dolt zeigt einen entspannten, lebenslustigen und zugleich weisen Geist der Tante Ada. Sie hat sich mit Leidenschaft ins pralle Leben gestürzt, das genaue Gegenteil von dem, was Emilia bisher praktiziert hat. Ihre Lebensphilosophie erweist sich als Gegenentwurf zu deren Glauben, Ansprüche anderer erfüllen zu müssen. Sie zeigt Emilia mit ihren Idealen eines selbstbestimmten Lebens, dass es auch anders geht. Adas zahlreiche Liebesaffären (Sebastian Gaspar, Damian Mayer, Sven Reinwald und Giuliana Ullo) treten unnachahmlich im Rahmen eines glitzernden, musikalischen Showacts auf und machen deutlich, dass man sich als junge Frau durchaus von Männern lösen kann.
Im Laufe des Stücks kämpft Emilia sich frei und vor allem die Begegnung mit Diddi, einem Pizzaboten (Damian Mayer), lässt sie erkennen, dass es eine unendliche Vielfalt legitimer Lebensmodelle gibt. Unterstützt von Paula Breitschwerdt (Souffleuse), Isabella Schmal (Musik-Coaching), Fleur McKeverne (Bühnenbild) und Ines Schweigert (Regieassistenz) hat das Ensemble ein Stück auf die Bühne gebracht, das vielen Jugendlichen und auch Erwachsenen im Publikum zu denken gab und nicht zuletzt durch mehrere live gesungene Lieder abwechslungsreich zu unterhalten wusste . Die emotionale Beteiligung des Publikums war nicht weniger intensiv und so wartet man gespannt auf „Die nächste Show“ dieser dynamischen Truppe.
Marc Soedradjat