Die Theatergruppe des Melanchthon-Gymnasiums präsentierte Ulrike Winkelmanns medienkritisches Drama „Ihr gehört jetzt uns".
Die neue Staffel der Superstarsuche hat in der Realität gerade wieder einmal begonnen und passend zu dem Spektakel, das bis zu 50 Prozent der werberelevanten Gruppe vor die Fernsehgeräte lockt, zeigte die Theatergruppe des MGB ein nachdenklich stimmendes Stück. Die professionelle Strategie, mit Flyern, Postern und einem Song an der CD-Station des MGB für die Aufführung zu werben, ging voll auf. Die Aula war überaus gut besucht.
Schon zu Beginn arbeitet die Moderatorin (Alicia Rabetllat) mit bekannten Mitteln und das Publikum lässt sich natürlich darauf ein. Ein kurzer Griff an die Nase und die Begeisterung wird in tosendem Applaus abrufbar. Die Medienmaschinerie läuft wie geschmiert. Die drei Sieger des BigBang-Bandcontests machen es uns dann auch leicht, sie gern zu haben. Die süße Babs (Nina Hofsäß), die ihre anfängliche Naivität mit weit aufgerissenen Augen zur Schau stellt, der Womanizer Resa (Felix Ewen) mit seiner lässigen Art und der etwas schüchterne, aber überaus begabte Songwriter Marco (Lukas Ose) sind für die Macher der Sendung jedoch nur Castingklone. Sie genießen zunächst die Erfüllung ihres Traums um dann knallhart mit der Realität und den Regeln des Geschäfts konfrontiert zu werden. Der bezeichnende Untertitel des Stücks „eine Popstarvision über das Danach vom Traum davor" impliziert die Zerstörung des Traums, das Zerbrechen eines Lebensentwurfs. Babs lernt schnell, dass es im Business keine Geheimnisse geben kann. Alles wird ausgeschlachtet, um Quote zu machen. Auch der talentierte Marco wird von dem heuchlerischen Produzenten (Hagen Garhöfer) in seiner musikalischen Entwicklung zwar zunächst gefördert, um dann aber auf die harte Tour zu lernen, dass es für ihn keine Privatsphäre mehr gibt. Resa merkt nicht, dass er lediglich das Material ist, um ein klischeebehaftetes Kunstprodukt mit etwas Leben zu füllen. Schon der Name der Band, „Endless", ist grotesk, denn es geht nur darum, die Zeit zu füllen, bis die nächste Band nachgeschoben werden kann, der nächste Goldesel gefunden wird. Mit der Zeit versuchen sich die drei etwas zu befreien, aber sofort wird der Druck auf sie erhöht, wenn die Macher einen Kontrollverlust befürchten müssen. Ihre Würde zu behalten, scheint angesichts der Art und Weise, wie sie vorgeführt werden, schlicht unmöglich. Dabei könnte alles so schön sein, wenn das System nicht fürchterliche Konsequenzen für alle Beteiligten hätte. Besonders gut wird dies in einer stillen Szene gezeigt, in der der Scheinwerfer auch auf die verzweifelte Managerin Cornelia (Melissa Jarc) geschwenkt wird. Hier bekommt das Stück etwas mehr Tiefenschärfe und die Schauspielerin die Möglichkeit, die Figur intensiv zu gestalten. Selbst diejenigen, die Kontrolle ausüben, sind dem Druck selbst kaum noch gewachsen und befinden sich in der Auflösung.
Das Stück beantwortet die Frage, warum sich Menschen dies alles trotzdem antun. Sie genießen die Aufmerksamkeit, ihre Bedeutung für das Leben anderer. Und sie lieben die Musik. Die von den Schülerinnen und Schülern unter der fachkundigen Leitung von Musiklehrer Bernhard Pfaus geschriebenen und produzierten Songs erfüllen alle Kriterien eines erfolgreichen Popsongs. Sie sind so gut gemacht, dass man den Refrain im Anschluss vor der Aula von begeisterten Zuschauern hören konnte.
Das Ensemble um Theaterlehrer Sven Reinwald ist es gelungen, das Publikum nicht nur gut zu unterhalten, sondern auch nachdenklich zu stimmen und so ist der verdiente Applaus am Ende Gott sei Dank nicht „gefaked", die Begeisterung ehrlich. Den Zuschauern liegt beim Verlassen der Aula Resas Lieblingsspruch auf den Lippen: „Wie geil ist das denn?".