Latein
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Information zum Fach Latein – oder: Warum eine angeblich tote Sprache lernen?
Fragestellungen:
(a) Ist Latein tatsächlich eine tote Sprache?
(b) Plädoyer für Latein als Fremdsprache – oder: Was bringt mir Latein überhaupt?
(c) Was muss ich können, um Latein zu lernen?
Antworten:
(a) Ist Latein tatsächlich eine tote Sprache?
➢ Latein ist insofern eine tote Sprache, als es tatsächlich seit mittlerweile über 1000 Jahren nicht mehr als Muttersprache gesprochen wird. Auch die seit dem Ende des Römischen Reiches herrschende Tradition der gebildeten Schichten Mitteleuropas, Latein neben der Muttersprache zu erlernen und als Sprache der Wissenschaften und der Kirche aktiv zu sprechen, verlor sich spätestens im 19. Jahrhundert. Aber:
➢ Latein lebt weiter – in vielen Sprachen Europas, in den romanischen Sprachen (Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Rumänisch), die direkte Töchter der lateinischen Sprache sind, und auch im Englischen, der Weltsprache der Gegenwart, in der fast 60% aller Wörter einen lateinischen Ursprung haben.
➢ Latein lebt weiter – in vielen sogenannten Fremdwörtern, die uns täglich begegnen: Computer kommt aus dem lateinischen computare (berechnen), Direktor vom lateinischen dirigere (lenken, leiten) et cetera. Selbst in jeder Tageszeitung oder den Radionachrichten findet sich eine Vielzahl von Wörtern lateinischen Ursprungs, erst recht in anspruchsvollen wissenschaftlichen Texten.
➢ Latein lebt weiter ¬– in zahlreichen Schulbüchern, die in den letzten Jahren neu entwickelt wurden und alleine schon durch ihre ansprechende Aufmachung den modernen Fremdsprachen in nichts nachstehen.
➢Latein lebt weiter – in Büchern und Comics, die in lateinischer Sprache erscheinen, wie die Asterix-Comics, die Harry-Potter-Romane et cetera.
➢Latein lebt weiter – auf der lateinischen Seite des Online-Lexikons Wikipedia, die mittlerweile über 14.000 Einträge umfasst ( http://la.wikipedia.org/wiki/Pagina_prima ). Auch Google gibt es mittlerweile in lateinischer Sprache.
➢ Latein lebt weiter – in den Universitäten und Schulen, in denen Latein sich in den vergangenen Jahren einer ständig wachsenden Beliebtheit erfreut und sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler die Latein lernen, vom Schuljahr 2002/2003 bis zum Schuljahr 2004/2005 um fast 14% gesteigert hat (vgl. hierzu auch den Artikel aus der FAZ vom 14.12.2005 "Mehr Latein").
➢ Latein lebt weiter – im Vatikan, wo es als offizielle Amtssprache aktiv gesprochen und sogar weiterentwickelt wird. In Lexika des neuen Latein findet man heute lateinische Ausdrücke für den Computer und das Internet. In nicht wenigen Internetforen und Chats kann man sich auf Latein unterhalten z.B. unter dem Stichwort „Latine loquendi“ bei e-latein.de.
Woher dieses gesteigerte Interesse an einer Sprache, die außer im Vatikan nirgendwo mehr auf der Welt gesprochen wird?
(b) Plädoyer für Latein als Fremdsprache – oder: Was bringt mir Latein überhaupt?
„Warum sollte ein Kind heute wohl noch Latein lernen? Das ist doch eine tote Sprache, die nur noch im Vatikan gelegentlich entstaubt wird.“ So oder so ähnlich könnten Argumente lauten, die im Rahmen einer anstehenden Sprachenwahl gegen das Erlernen der lateinischen Sprache zu hören wären. Wer selbst einmal Latein gelernt hat, wird dieses Argument vielleicht nicht nachvollziehen können, und statt dessen aus voller Überzeugung sagen: „Mir hat Latein etwas gebracht.“ Was aber bringt Latein, was macht es zu etwas Besonderem, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler es lernen wollen?
Zunächst einmal ist Latein keine Kommunikationssprache, wie Englisch oder Französisch, sondern eine Bildungssprache. Es geht bei Latein nicht darum, sich mit anderen Menschen zu unterhalten, in Paris ein Baguette zu bestellen oder in London nach dem Weg zum Trafalgar Square zu fragen. Im Lateinunterricht werden vor allem lateinische Originaltexte ins Deutsche übersetzt. „Aber wozu denn? Es gibt doch Übersetzungen, das ist doch Zeitverschwendung!“ Dies muss es eben nicht sein. Die folgenden zehn Argumente zeigen, dass das Erlernen der lateinischen Sprache für den Lernenden von großem Nutzen sein kann:
1. Latein ist die Muttersprache Europas
2. Latein ist Voraussetzung für viele Studienfächer
3. Latein trainiert Genauigkeit, Konzentration, logisches Denken
4. Latein hilft Fremdwörter zu verstehen
5. Latein verbessert die muttersprachliche Kompetenz
6. Der Lateinunterricht ist ein Blick in die eigene Vergangenheit
7. Der Lateinunterricht thematisiert Grundprobleme des Menschseins
8. Der Lateinunterricht diskutiert das Verhältnis von Bürger und Staat
9. Latein ist nicht schwerer als andere Sprachen
10. Latein macht Spaß
1. Latein ist die Muttersprache Europas: Wie oben schon erwähnt, sind die romanischen Sprachen Töchter der lateinischen Sprache und leiten 90% ihres Wortschatzes aus lateinischen Wurzeln ab. Selbst in der englischen Sprache beträgt der Anteil der Wörter mit lateinischem Ursprung bis zu 60%. Ferner beruht die Grammatik dieser Sprache in weiten Teilen auf der Grammatik der Mutter Latein. Fundierte Lateinkenntnisse können daher das Erlernen dieser Sprachen wesentlich erleichtern oder aber sich auch positiv auf eine bereits erlernte Sprache auswirken.
2. Latein ist Voraussetzung für viele Studienfächer: Für einige von ihnen wird als Zulassungs- oder Abschlussvoraussetzung auch heute noch das Latinum oder aber zumindest der Nachweis von Lateinkenntnissen im Umfang des Latinums benötigt. Während man diese Voraussetzungen in der Schule relativ gemütlich in 5 Jahren Lateinunterricht erfüllen kann, muss von denen, die an der Schule kein Latein gelernt haben, dieses in Intensivkursen an der Uni nachgeholt werden. In diesen Kursen wird dann der Stoff teilweise auf 1,5 Jahre komprimiert. Daher liegt der Anteil derer, die solche Kurse abbrechen oft bei über 60%.
Eine Übersicht über die Studiengänge, in denen Lateinkenntnisse vorausgesetzt werden, wird unter anderem auf folgender Internetseite angeboten:
http://latinumratgeber.medicamina.bplaced.net/
3. Latein trainiert Genauigkeit, Konzentration, logisches Denken: Im Lateinunterricht geht es darum, komplexe Texte ins Deutsche zu übersetzen. Latein ist dabei eine Sprache, in der jeder einzelne Buchstabe eine Bedeutung für die richtige Übersetzung haben kann. Man muss genau hinschauen, exakt unterscheiden und logisch richtig kombinieren. Dabei muss man Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden, Zusammenhänge erkennen und aus den Einzelteilen ein komplexes Puzzle zusammensetzen. Diese für Latein typische Arbeitsweise macht jede Übersetzung zu einer Konzentrationsübung, die Durchhaltewillen erfordert. Die so gewonnen Fähigkeiten gehören zu den elementaren Schlüsselqualifikationen für Schule, Studium und Beruf.
4. Latein hilft Fremdwörter zu verstehen: Wie oben erwähnt, lebt Latein in zahlreichen Fremdwörtern, nicht nur in der deutschen Sprache, weiter. Dies gilt insbesondere für Fachbegriffe aus Wissenschaft, Forschung und Technik. Viele dieser Fremdwörter lassen sich jedoch bereits mit lateinischen Grundkenntnissen erschließen und machen so auch komplexe wissenschaftliche Texte verstehbar. Ohne Lateinkenntnisse jedoch kann man Fremdwörter nicht verstehen, sondern muss sie mühsam nachschlagen oder auswendig lernen.
Fachgebiet - Fremd-/Lehnwort - Lateinischer Ursprung
Gesellschaft
Demonstration demonstrare (zeigen)
sozial socius (der Kamerad)
Mathematik
Addition addere (hinzufügen)
Multiplikation multiplicare (vervielfältigen)
Medizin
Fraktur frangere (zerbrechen)
Kur cura (die Pflege)
Politik
Minister minister (der Diener)
Präsident praesidere (leiten)
Recht
Jurist ius (das Recht)
legal lex (das Gesetz)
Technik
Computer computare (ausrechnen)
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